Pia Schmalenberger M.A.
akademische Sprachtherapeutin
und Carolin Henning M.A.
akademische Sprachtherapeutin

05101 / 854 89 33

4. März 2015

Plötzlich sprachlos…

Zum europäischen Tag der Logopädie am 6. März informieren Logopäden und Sprachtherapeuten in diesem Jahr zum Thema „Neurologische Erkrankungen“. Was „plötzlich sprachlos“ bedeuten kann, erklären wir anhand des Beispiels der Aphasie.

Etwa zwei Millionen Menschen sind in Deutschland jährlich aufgrund einer neurologischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung. Ein Schlaganfall, eine Hirnblutung oder ein Tumor können solche Krankheitsbilder sein. Insbesondere der Schlaganfall geschieht meist plötzlich, unangekündigt, häufig über Nacht. Und dann ist sie auf einmal da, die „Sprachlosigkeit“ – die Aphasie.

Doch nicht jede Aphasie ist gleich. Die Symptome die auftreten können, können sich in verschiedenen Schweregraden und Kombinationen äußern. Bei einer Aphasie können alle sprachlichen Fähigkeiten, das Sprechen, das Verstehen, das Lesen und auch das Schreiben betroffen sein. Es kann vorkommen, dass Aphasiker zunächst komplett verstummen. Andere sprechen unverständliche Silbenfolgen, z.B. „dadamdadamdadam“ oder „bisibisibisi“, oder sie äußern immer wiederkehrende Redefloskeln, die häufig in der Situation keinen Sinn ergeben, z.B. „jajajajaja“, „ja sicher“, „ach Gott“ oder „kannste mal“. Die Bedeutung muss dabei erschlossen werden. Nicht-sprachliche Hilfen wie Gestik oder Mimik können den Aphasikern helfen, die erschwerte Kommunikation ein wenig zu erleichtern.

Weiterhin kann es sein, dass Betroffene oft sehr langsam sprechen und viele Pausen nutzen. Für sie ist es sehr anstrengend zu sprechen, da eine Aussprachestörung oft eine zusätzliche Belastung darstellt. Teilweise sind Wörter lautlich entstellt, z.B. „Bume“ statt „Blume“, oder die Bedeutung ist nicht zutreffend, z.B. „Bett“ statt „Sofa“. Die Äußerungen von Menschen mit einer Aphasie können oft telegrammstilähnlich wirken („Frau – Klavier – spielen“), denn kleine Wörter, die die einzelnen Wörter miteinander verbinden, fehlen häufig. Aus solchen Äußerungen kann dennoch ein sinnhafter Inhalt entnommen werden. Anderen fallen Wörter nicht ein, sie haben dann Probleme mit der Wortfindung; es scheint, als würden ihnen die Worte sprichwörtlich „auf der Zunge liegen“.

Einige Aphasiker scheinen kurze Sätze gut verstehen zu können, bei längeren komplexen Sätzen haben sie allerdings Probleme mit dem Sprachverständnis. Bei wiederum anderen ist das Sprachverständnis so stark eingeschränkt, dass das Führen von Gesprächen erschwert ist, da die Aphasiker die Worte des Partners entschlüsseln müssen und oft nicht erkennen, dass sie nicht verstanden werden. Oft entsteht dann der Eindruck, dass die beiden Gesprächspartner aneinander vorbei reden.

Eine Aphasie kann sich aber auch ganz anders äußern. Einige Patienten sprechen flüssig und haben eine gute Aussprache. Sie bilden lange, in sich verschachtelte Sätze, und sind manchmal gar nicht zu bremsen. Allerdings sind viele Wörter lautlich und inhaltlich stark entstellt, sodass man den Eindruck erhält, der Patient spreche eine andere Sprache.

Sind Patienten nun „plötzlich sprachlos“, ist es die Aufgabe von Sprachtherapeuten und Logopäden, die Störung genau zu diagnostizieren und mit den Patienten dementsprechend zu arbeiten. Dabei ist es von Vorteil, wenn möglichst früh und häufig nach der Schädigung eine Therapie stattfindet. Allerdings können auch noch nach Jahren Verbesserungen möglich sein, wenn auch im geringeren Maße als zu Anfang der Therapie. Die Therapie variiert im Laufe der Zeit ein wenig, wichtig ist jedoch in jedem Fall, dass der Patient in seinem Alltag gut mit der Aphasie zurechtkommt. Häufig werden auch Selbsthilfegruppen, ähnlich wie unsere regelmäßigen Gruppentreffen für Patienten nach einem Schlaganfall, angeboten. Fragen Sie doch bei Interesse einfach bei uns nach. Wir helfen gerne weiter.